Unlängst wurde ich gebeten, die Petition zur Errichtung eines österreichischen Buchpreises zu unterstützen. Schließlich gäbe es neben dem renommierten Deutschen auch schon einen Schweizer Buchpreis, wäre es höchste Zeit auch in Österreich … Was ist eigentlich eine hohe Zeit? Eine Schwangerschaft? … Jedenfalls, nein, ich wollte nicht. Mir geht diese ganze Auspreisung, diese monetäre Ausspeisung für Literaten, allmählich auf die Nerven.

"Mit Büchern kann man eine Kultur des Willkommen-Heißens, des Respekts und der Partizipation aufbauen", stellt Giusi Nicolini, der Bürgermeister von Lampedusa, in einem Statment zur "Silent Books"-Bibliothek fest. 

 

Bücher ohne Worte sind besonders für diesen Brückenschlag geeignet, da sich für Menschen aller Nationen, Sprachen, Kulturkreise und Altersklassen öffnen. Diese Bilderbücher laden ein, Geschichten in eigenen Worten zu erzählen und immer wieder neu zu erfinden. 

 

Bei der untenstehenden Auswahl wurde auf die besondere Qualität der Bücher geachtet, viele Titel sind mehrfach ausgezeichnet.

 

  • Marije Tolman/Ronald Tolman: Die Insel, arsedition 2013

Ein Eisbär klettert auf eine Himmelsleiter in die Wolken und steigt auf einer Insel wieder herab. Dort begegnet er vielen anderen Tieren mit ihren Träumen, Sehnsüchten, Hoffnungen und Geschichten.

 

  • Shaun Tan: Ein neues Land, Carlsen Verlag 2015

Was bringt Menschen dazu, alles zurückzulassen, um eine Reise in ein unbekanntes, fernes Land anzutreten, ohne Familie und Freunde, wo alles namenlos und die Zukunft unbekannt ist? Diese zutiefst berührende und packende Graphic Novel ist die Geschichte eines jeden Migranten, eines jeden Flüchtlings, eines jeden heimatlosen Menschen und eine Hommage an alle, die eben diese Reise angetreten haben.

 

  • David Wiesner: Strandgut, Carlsen Verlag 2013

Ein Bub findet eine alte Unterwasserkamera am Strand. Er lässt die Fotos entwickeln, die höchst wundersame Welten zeigen: von vorlesenden Kraken bis zu schwimmenden Muschelstädten auf Schildkrötenrücken. Die Gestaltung des Buches ist eine Reminiszenz an die klassische Fotografie und den Film.

 

  • David Wiesner: Herr Schnuffels, Aladin Verlag 2014

Herr Schnuffels ist ein ziemlich gelangweilter Kater. Bis sich eines Tages ein winziges Raumschiff samt außerirdischer Besatzung in die Wohnung verirrt. Kaum auf der Erde gelandet, müssen die kleinen grünen Männchen schon um ihr Leben fürchten, denn die Katze macht Jagd auf sie. Geredet wird in dem Buch sehr viel - allerdings auf „Alienisch“ und auf „Ameisisch“.

 

  • Michael Roher: Fridolin Franse frisiert, Picus Verlag 2014

Zehn Schritte braucht es vom glatten Haar zur gewünschten Frisur: Kämmen, waschen, shampoonieren, spülen, schneiden, färben, einwirken lassen, auswaschen, eindrehen und föhnen. Die Haare wimmeln dabei nur so von Details und kleinen Episoden.

 

  • Thé Tjong-Khing: Die Torte ist weg, Moritz Verlag 2015

Zwei Ratten stehlen die Torte des Hundepaares und werden nun verfolgt. Das ist eine von unzähligen Geschichten, die sich in diesem perfekt durchkomponierten Buch eröffnen. Erzählt wird nicht nach dem Prinzip von Wimmelbildern, denn wichtig ist gerade das kontinuierliche Erzählen durchs ganze Buch hindurch.

 

  • Charlotte Dematons: Heute flieg ich…, aracari verlag 2013

Ein Mann wird festgenommen und bricht aus dem Gefängnis aus, ein blaues Auto geht auf große Reise, ein gelber Ballon fliegt um die Welt, ein Fakir auch – auf seinem Teppich. Dieses wunderbare Buch erschafft detailreiche Bilderwelten zwischen Realität und Fiktion.

 

  • Alessandro Sanna: Der Fluss, Peter Hammer Verlag 2014

Alessandro Sanna gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen Illustratoren Italiens. Auf hunderten schmalen Panoramen zeigt er im Rhythmus der vier Jahreszeiten die Veränderungen von Landschaft durch das Voranschreiten der Zeit.

 

  • Raymond Briggs: Der Schneemann, Aladin Verlag 2013

Ein kleiner Bub baut an einem Wintertag einen Schneemann, der in der folgenden Nacht zum Leben erwacht und mit dem man wunderbare Abenteuer erleben kann – bis die Sonne aufgeht. Das Buch ist 1978 erschienen und zählt zu den „Klassikern“ der textlosen Bilderbücher.

 

  • Beatrice Rodriguez: Der Hühnerdieb, 2008, Das Zauberei, 2011, Das Hühnerglück, 2012, alle drei Peter Hammer Verlag

Die höchst unterhaltsame und rasante Trilogie beginnt mit der Entführung des Huhns durch den Fuchs. Die spannende Verfolgungsjagd durch Bär, Hase und Hahn endet mit einer herzerwärmenden Überraschung. Im zweiten Band "Das Zauberei" geht die Geschichte an genau diesem Punkt weiter. Der gehörnte Hahn macht eine wunderbare Entdeckung und wird am Schluss mit einem beglückenden Fund getröstet. Im dritten Buch "Das Hühnerglück" schließlich geht es um den Nachwuchs von Huhn und Fuchs, um eine große Enttäuschung und eine ebenso witzige wie überraschende Versöhnung.

 

  • Aaron Becker: Die Reise, Gerstenberg 2015

Ein kleines Mädchen malt sich mit roter Kreide eine Tür an die Wand seines Kinderzimmers und flüchtet so aus dem tristen Alltag in eine Abenteuer-Märchenwelt. Immer wieder kann sie mit ihrem Stift das Geschehen der Geschichte beeinflussen und braucht am Ende aber doch die Hilfe eines neuen Freundes.

 

  • Peggy Rathmann: Gute Nacht, Gorilla, Moritz Verlag 2015

Der Gorilla stiehlt dem Zoowärter auf dessen letzter Nachtrunde seinen Schlüsselbund und befreit seine tierischen Kollegen. Allesamt landen sie im Schlafzimmer des Wärters, wo eine erstaunte Ehefrau auf ihren Gruß hin ein vielstimmiges „Gute Nacht“ vernehmen muss. Das Buch ist schlicht illustriert, dennoch gibt es viele Details zu entdecken.

 

  • Claude K. Dubois: Akim rennt, Moritz Verlag 2015

Dieses Bilderbuch, 2014 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis und dem Katholischen Kinderbuchpreis ausgezeichnet, erzählt in eindringlichen Kohlezeichnungen und ohne viel Text von dem kleinen Jungen Akim und seiner Flucht.

 

  • Antje Damm: Was ist das? Gerstenberg 2009

"Was ist das?" – diese Frage wird hier gleich zweiundzwangzig Mal gestellt. Und jedes Mal gibt es höchst überraschende Antworten.So wird aus dem Gartenschlauch eine Schlange, aus dem Wollknäuel ein Schaf, … Alle Situationen regen zum Entdecken, Erzählen und Weiterfantasieren an.

 

  • Elsa Klever: Fische im Wohnzimmer, Bibliothek der Provinz 2014

„Hab ich den Wasserhahn auch wirklich abgedreht?“– das fragt sich ein Mann während er im Urlaub in der Hängematte liegt und muss erkennen: „Nein!“ Inzwischen hat sich sein Haus in eine vergnügliche Unterwasser-Abenteuerwelt verwandelt.

 

  • Ronan Badel: Der faule Freund, Peter Hammer Verlag 2015

So faul ist das Faultier, dass es nicht einmal merkt, wie der Baum abgesägt wird, an dem es hängt, und es auf einen Transporter verladen wird. Die Freunde sind schockiert und die Schlange beschließt, den Schläfer zu retten.

 

  • Torben Kuhlmann: Maulwurfstadt, NordSüd Verlag 2015

Am Anfang lebt ein einzelner Maulwurf tief unter einer grünen Wiese. Doch durch die immer größer werdende Zahl an Maulwürfen erfolgt ein rasanter Ausbau der Maulwurfstadt bis kein Fleckchen Grün mehr übrig ist. Das hochaktuelle Thema wird aufwändig und tiefgründig erzählt.

 

  • Germano Zullo: Wie die Vögel, Aladin Verlag 2013

Dies ist die kleine Geschichte von einem Mann, der mit einem Laster voller Vögel aufs Land fährt und sie in die Freiheit entlässt. Einer jedoch bleibt sitzen und muss erstmal das Fliegen lernen. Es geht in diesem wunderbaren Buch um Selbstvertrauen, Hilfsbereitschaft, Vertrauen und den Beginn einer Freundschaft.

 

  • Andrea Hensgen: Der große Hund, Peter Hammer Verlag 2011

Ein kleiner Bub muss sich auf seinem Schulweg ziemlich fürchten bis eines Tages ein großer Hund vor dem Schultor auf ihn wartet und ihn von nun an begleitet. Diese Freundschaft macht aus dem kleinen Angsthasen einen selbstbewussten Buben, der sich auch um andere kümmern kann.

 

  • Mandana Sadat: Mein Löwe, Peter Hammer Verlag 2012

Eigentlich wollte der riesige Löwe den kleinen Buben fressen, der da mitten in der Wüste alleine sitzt, doch als er dessen Tränen sieht, wird aus dem Hunger Mitgefühl und eine Freundschaft entsteht. In eindrucksvollen, kräftigen Farben werden hier die großen Emotionen transportiert.

 

  • David Merveille: Hallo Monsieur Hulot, NordSüd Verlag 2013

Viel zum Lachen gibt es in 22 Bildergeschichten, die die ganze Poesie, den Humor und den subversiven Charakter dieser weltberühmten Figur von Jacques Tati zeigen. Doch auch wer Monsieur Hulot noch nicht gekannt hat, wird vom tollpatschigen Antihelden amüsiert sein.

 

  • Alice Hoogstad: Das kunterbunte Monsterbuch, aracari verlag 2014

Wie schon in „Die Reise“ ermalt sich hier ein Mädchen seine Fantasiewelt. In einer Stadt, die nur aus schwarz und weiß besteht, bevölkern bald kunterbunte Monster die Straßen – bis der Regen kommt.

 

  • Katy Couprie: Die ganze Welt, Gerstenberg Verlag 2014

Die Themenvielfalt dieses Buches – sie reicht von Mensch, Tier und Natur, Computer und Licht bis zu Verkehr und Formen – wird in der Vielfalt der Illustrationstechniken widergespiegelt. Details, Assoziationen oder Eindrücke des vorangegangenen Bildes werden aufgegriffen und weiterentwickelt: neue Geschichten entstehen.

 

In Anlehnung an das "Silent Books"-Projekt auf der italienischen Insel Lampedusa hat der BVÖ eine Medienliste zusammengestellt, die (fast) textlose, besonders illustrierte Bilderbücher umfasst.

AutorIn: 
Martina Reiter

Schön, jetzt ist sie da: die Shortlist. Und auf der Frankfurter Buchmesse wird er dann vergeben: der Deutsche Buchpreis 2015. Wer genauer wissen will, wie das dort dann abläuft, möge "Nachkommen" von Marlene Streeruwitz lesen. Österreicherinnen und Österreicher sind ja immer recht gut vertreten auf den diversen Longlists. Diesmal zwar alle schon raus, aber ein österreichischer Verlag ist noch im Rennen und zwar der sympathische Droschl Verlag mit dem neuen Roman von Monique Schwitter "Eins im Andern". Ein Buch über die Liebe und über eine Autorin, die ein Buch schreibt.

Markus Köhle wurde 1975 in Nassereith in Tirol geboren. Er studierte in Innsbruck und Rom Germanistik und Romanistik und war Forschungsprojektassistent an der Universität Innsbruck. Seit 2001 ist er literarisch, literaturkritisch, literaturwissenschaftlich und auch als Literaturveranstalter, u.a. von Poetry Slams, aktiv. Er macht Lesungen, Vorträge und Workshops in Schulen, Universitäten und diversen Kulturveranstaltungsorten im In- und Ausland. 2015 erschien "Kuhu – Löwels – Mangoldhamster. Die vier Jahreszeiten der Wolpertinger" bei Sonderzahl.

"Flucht" beschränkt sich nicht nur auf Erwachsene. In zunehmendem Maß sind Kinder und Jugendliche gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. In Österreich treffen sie auf Kinder ohne Fluchterfahrung und unweigerlich kommen Fragen nach dem "Warum?" auf: "Warum mussten die Kinder flüchten?", "Warum gibt es Krieg?", "Warum ist dieses Kind jetzt hier?" Die untenstehende Liste ist eine kleine Auswahl zu diesen Themenkreisen.

 

Bilderbücher

  • Dann rufen alle Hoppelpopp. Mira Lobe (Text); Angelika Kaufmann (Ill.). Wien: G&G 2013.

Nur gemeinsam sind wir stark: Fünf Kaninchen leben zufrieden vor sich hin, bis Hoppelpopp auftaucht und nach dem Tüchtigsten, dem Mutigsten fragt. Aus Gemeinschaft entsteht Konkurrenz, Wettkampf und Misstrauen. Rechtzeitig erkennen Kanikl, Könikl, Kinikl, Kaunikl und Kunikl den Wert ihrer Gemeinschaft und verjagen Hoppelpopp, natürlich gemeinsam. – Ab 4 Jahren.

 

  • Der rote Mantel. Die Geschichte vom heiligen Martin. Heinz Janisch (Text); Birgitta Heiskel (Ill.). Innsbruck: Tyrolia 2015.                                    

Diese Neuinterpretation der Legende des heiligen Martin führt zu Amir, einem Jungen, der mit seinem Vater in eine fremde Stadt gekommen ist. Ein Lastwagen hat die beiden mitgenommen, eine fremde Frau bringt Suppe, Amir hüllt sich in eine rote Decke. Von dort führt das reduziert illustrierte Bilderbuch zum Heiligen Martin und zum Geschichtenerzählen. – Ab 5 Jahren.

 

  • Akim rennt. Claude K. Dubois. Aus dem Franz. von Tobias Scheffel. Frankfurt a. M.: Moritz Verlag 2013.           

Dieses Bilderbuch, 2014 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, erzählt mit seinen Illustrationen, sehr sparsam und prägnant im Textteil, von Akim, seinem Alltag und seiner Flucht. „In Akims Dorf scheint der Krieg weit weg“ – dann ist er da, überrascht Akim mit seinen Freunden beim friedlichen Spiel. – Ab 6 Jahren.

 

  • Komm, sagte die Katze. Mira Lobe (Text); Angelika Kaufmann (Ill.). Wien: G&G 2011.

Es ist die Katze, die durch diese detailreich illustrierte Geschichte führt: Wer auf den Baumstamm will, nicht ertrinken will, muss sich an das Friedensgebot halten. Das Huhn muss sich in diesem Unwetter nicht vor dem Fuchs und vor dem Hund fürchten, alle helfen zusammen, man sieht die Not und anerkennt sie. Ein Lehrbuch der Solidarität und des Miteinander. – Ab 4 Jahren.

 

  • Warum? Nikolai Popov. Bargteheide: classic-minedition 2015.

Wie aus einem Zwist Krieg wird: Die ersten Doppelseiten zeigen eine Blume und einen Frosch, der sich über sie freut. Da ist aber auch die Maus, die ihm die Blume neidet. Da sind die anderen Frösche, die ihrem Freund, dem gerade die Blume weggenommen wird, zu Hilfe eilen. Ja, da sind auch die Mäuse, später kommt der aus einem Schuh gebaute Panzer ins Bild, die Verwüstung ist nicht mehr zu stoppen. Das ruhige Grün der Landschaftsidylle mit Blume verändert sich ins trostlose Braun der Zerstörung: Der Text ist reduziert, zwei Sätze dokumentieren die Vorgänge. Die prägende Frage „Warum?“ ist die Konstante dieses Bilderbuchs.  – Ab 5 Jahren.

 

Kinderromane

 

  • Im Meer schwimmen Krokodile: die wahre Geschichte von Enaiatollah Akbari. Fabio Geda. Aus dem Ital. von Christiane Burkhardt. München: Knaus 2011.

Ein 10-jähriger Bauernbub aus der afghanischen Provinz flieht, beflügelt von der Hoffnung auf ein besseres Leben, Richtung Westen. Seine Mutter hat ihm diesen Lebenswillen mit auf den Weg gegeben und einen Kompass für ein gerechtes Leben. – Ab 10 Jahren.

 

  • Das Monophon. Elisabeth Zöller (Text); Verena Ballhaus (Ill.). München: Hanser 2013.

Schwarze Wärter kommen in die Stadt, wo bereits ein seltsamer Apparat, das Monophon, aufgestellt ist. Die Stimmung ändert sich, Mathilda beobachtet die Stadt vom Baumhaus aus und beschließt, der Gewalt mit Widerstand zu begegnen. Denn die Schärfe der Stimme aus dem Monophon ist eine Bedrohung und kein Spiel. Ein differenzierter Roman. – Ab 10 Jahren.

 

All Age

 

  • Auf der Flucht. Reportagen von beiden Seiten des Mittelmeers. Karim El- Gawhary, Mathilde Schwabeneder. Wien: Kremayr & Scheriau 2015.

Menschen fliehen, werden traumatisiert, leiden: Sie fliehen vor Terror und Krieg, sie rennen ums Überleben, viele mit kleinen Kindern auf dem Arm. Geschichten von Flucht und Überleben, das letzte Kapitel ist dem Ankommen und möglicher Integration, einem menschenwürdigen Leben, gewidmet.

 

  • Mit einem Koffer voll Hoffnung: Österreich als neues Zuhause - 15 Lebensgeschichten. Andrea Heigl. St. Pölten [u.a.]: Residenz Verlag 2013.

Wie kümmern sich Menschen umeinander? Da unterstützt eine Tiroler Bibliothekarin eine tibetische Familie, die vor der chinesischen Staatsmacht ins Tiroler Dorf geflüchtet ist. Da erzählt eine andere Frau von ihrer Flucht und ihrem Koffer, den sie noch immer besitzt. 15 Geschichten, für Jugendliche und Erwachsene.

 

  • Das Schicksal der Sterne. Daniel Höra. München: bloomoon 2015.

Adib, der junge Flüchtling aus Afghanistan, und Karl, ein alter Mann, der aus seiner Heimat Schlesien vertrieben wurde, lernen einander in Berlin kennen. Zwei Fluchtgeschichten und Biografien kreuzen sich und Freundschaft entsteht im Erzählen von Verfolgung, Verlust und Angst.

 

  •  Krieg: Stell dir vor, er wäre hier. Janne Teller (Text); Helle Vibeke Jensen (Ill.). Aus dem Dän. von Sigrid C. Engeler. München: Deutscher Taschenbuchverlag 2013.

Krieg, diesmal in Europa. Alle, die können, fliehen in den Nahen Osten. So auch eine deutsche Familie, der Sohn ist 14.  Man kommt in ein ägyptisches Flüchtlingslager, der Bub ist der Neue, der aus Deutschland, mit der fremden Sprache und Religion, der nicht in die Schule darf, da er noch keine Aufenthaltsbewilligung hat. 

 

  • Über tausend Hügel wandere ich mit dir. Hanna Jansen. Wuppertal: Peter Hammer Verlag 2015.

Jeannes behütete Kindheit in Ruanda endet kurz vor ihrem achten Geburtstag: Sie und ihre Familie sind Angehörige der Tutsi, ihre Eltern, ihr Bruder und ihre Schwester sind unter den Ermordeten des Genozids (1994) in Ruanda. Hanna Jansen ist Jeannes deutsche Adoptivmutter, ihr vertraut das Mädchen den Terror und die Qualen an, die sie damals erleben musste.

 

Anmerkungen:

Weitere Buchtipps zum Thema "Flucht" finden Sie in der rechten Spalte unter "Links" bzw. "Downloads".

 

Bücher wie "Akim rennt" können nicht erklären, warum es Krieg gibt, aber sie können versuchen, klarzumachen, warum Menschen alles zurücklassen und woanders Frieden suchen. Bücher können dabei helfen, das Thema "Flucht" anzusprechen, zu bearbeiten.

AutorIn: 
Christina Repolust

"Nicht die Politik ist unser Schicksal, sondern die Wirtschaft." Selten hat der Ausspruch des 1922 erschossenen deutschen Außenministers Walther Rathenau, der einer Großindustriellenfamilie entstammte, für den Sektor des Wirtschaftsbuches so sehr gegolten wie in den vergangenen zehn Jahren.

 

Denn infolge regelmäßig und in immer kürzeren Abständen auftretender ökonomischer Grenzsituationen, die in den Jahrzehnten vor dem Jahr 2000 eher unbekannt gewesen sind – vom Börsen-Crash bis zum Fallieren europäischer Staaten –, hat Wirtschaftsliteratur stark an Aufmerksamkeit und an gesellschaftspolitisch motiviertem Interesse gewonnen. Angesichts eines in den Augen nicht weniger aus dem Ruder gelaufenen (Finanz-)Kapitalismus und eines beklagten Mangels an Gerechtigkeit und demokratischen Zusammenhalts wird Orientierung gewünscht.

 

"Was sich seit 2008", so der liberale Wirtschaftswissenschaftler Roland Baader, "in der Welt der Banken und Finanzen, der Staatsbudgets und der Unternehmensbilanzen abspielt, ist [...] eine Verschuldungskrise von welthistorischen Ausmaßen. Mit Ozeanen aus Papiergeld und Krediten aus heißer Luft wurde eine globale und inflationäre Konsumorgie angeheizt, die nun zusammenbricht. Schulden müssen irgendwann zurückgezahlt werden, wenn nicht freiwillig, so durch zwanghafte Umstände."(1)

 

Wandel der Schwerpunkte

Beim Anteil an den Buchverkäufen spiegelt sich jedoch die Aktualität von Wirtschaftsliteratur nicht zur Gänze wider. Im Jahr 2013 belief sich im deutschen Buchhandel der Anteil der Warengruppe Recht, Wirtschaft, Sozialwissenschaften auf 2,6 Prozent. Verglichen mit dem Vorjahr und einem damals ermittelten Anteil von 2,5 Prozent ist die Zunahme eher marginal.(2) 

 

In den 1990er-Jahren waren noch mehrheitlich Ökonomiebücher über einerseits Wirtschaftsgeschichte und -philosophie und andererseits über Personalführung und auf unterschiedlichen Verhaltensnormen beruhende Management- und Motivationskonzepte gefragt, die wie das japanische Kaizen einen innerbetrieblichen Wandel herbeiführen und Veränderungen zum Besseren bewirken sollten. Seit der globalen Hypotheken-, Banken- und Finanzkrise des Jahres 2008 sind vor allem Publikationen vorgelegt worden, die sich mit deren Konsequenzen beschäftigen. Sie handeln also von Überschuldung, Staatsinsolvenz, Sparmodellen und Massenarbeitslosigkeit. In ihnen wird versucht, die Zusammenhänge von Ökonomie, wirtschaftlicher Verflechtung (Globalisierung) und nationalen Schieflagen und Armut zu erläutern.

 

Wirtschaft für die Menschen?

Insbesondere zwei Bände sind in den vergangenen Jahren stark wahrgenommen und diskutiert worden: David Graebers "Schulden. Die ersten 5000 Jahre" (Klett-Cotta Verlag, 2012 erschienen, lag es Ende jenes Jahres bereits in der 8. Auflage vor) sowie "Das Kapital im 21. Jahrhundert" des 1971 geborenen Franzosen Thomas Piketty, der an der École d’Économie in Paris lehrt.

 

Pikettys umfangreiche Veröffentlichung ist bereits vor dem Erscheinen der deutschen Übersetzung (C. H. Beck Verlag) Mitte Oktober 2014 in allen deutschsprachigen Medien sehr ausführlich vorgestellt und analysiert worden und diente als Spiegel aktueller politischer Debatten über Finanzpolitik zwischen Staatsinterventionen und Sparprogrammen innerhalb Europas.

 

Der amerikanische Anthropologe Graeber, der bis 2007 an der Yale University in New Haven/USA unterrichtete und seither Professor an der London School of Economics ist, gilt als einer der Vordenker der so genannten Occupy-Bewegung. In seiner Darstellung skizziert er das Entstehen einer Schuldengesellschaft, deren endgültigen Einzug via Finanzkapitalisten er im 19. Jahrhundert erkennt. Deren strikt auf Gewinn ausgerichtetes Geschäftsgebaren habe 150 Jahre später zu durchökonomisierten Leistungs- und Konkurrenzgesellschaften geführt, die auf Gewalt, Ausbeutung und Vereinzelung beruhen. Diesem Buch ist auch ein eigener Eintrag bei wikipedia gewidmet.(3)

 

2013 gewann den von der Frankfurter Buchmesse, der Bank Goldman Sachs und der deutschen Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" ins Leben gerufenen Deutschen Wirtschaftsbuchpreis der Bonner Jusprofessor Daniel Zimmer, zugleich Vorsteher der Monopolkommission, für "Weniger Politik!", in dem er gegen die Regulierung durch Europäische Union und deren Einzelstaaten plädierte. Bei den im Jahr 2014 nominierten Titeln geht es nun jedoch um Anderes und Vielfältigeres: um staatliche Innovation (Mariana Mazzucato: "Das Kapital des Staates") und Geld (Felix Martin: "Geld, die wahre Geschichte. Über den blinden Fleck des Kapitalismus"), um die Wall Street (Michael Lewis: "Flash Boys. Revolte an der Wall Street") und das Silicon Valley (Christoph Keese: "Silicon Valley. Was aus dem mächtigsten Tal der Welt auf uns zukommt"), um Glück (Kerstin Bund: "Glück schlägt Geld. Generation Y: Was wir wirklich wollen") und Angst (Heinz Bude: "Gesellschaft der Angst").(4)

 

Eine andere Welt

Sich auf das Segment "Wirtschaft" bzw. "Wirtschaft und Gesellschaft" spezialisierende Verlagshäuser wie Campus und Springer Gabler, ecowin (Salzburg), C. H. Beck, edition nautilus, Mandelbaum (Wien), Redline und FinanzBuch – diese beiden wurden vor einigen Jahren unter der Dachmarke Münchner Verlagsgruppe zusammengeführt – sowie Hanser Fachbuch und Econ decken inhaltlich wie ideologisch das gesamte Spektrum der Wirtschaftswissenschaften und der Politischen Ökonomie ab.

 

Der Bogen setzt bei eher orthodoxen konservativen Lehrmeinungen ein, die für Wirtschaftsliberalismus eintreten, die Freiheit des Einzelnen betonen und sich in jüngster Zeit auf das fragile Finanzkonstrukt namens Europäische Union konzentrieren und deren Zukunft anzweifeln, so zum Beispiel Hans-Werner Sinn mit "Im Euro gefangen" (2014) und "Die Target-Falle. Gefahren für unser Geld und unsere Kinder" (2012) oder "Die Plünderung der Welt. Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen" (2014) des österreichischen Publizisten Michael Maier, vormals Chefredakteur von "Die Presse", "Berliner Zeitung" und "Stern".

 

Gegensätzliche Position dazu stellen globalisierungskritische Ideen dar, die gesellschaftliche Alternativen aufzeigen und zu einer laut ihrer Anhänger humaneren Wirtschaft und einer besseren und harmonischeren Gesellschaft führen sollen.

 

Anregungen für letztere finden sich beispielsweise in der von Martin Birkner im Wiener Mandelbaum Verlag herausgegebenen Reihe "kritik und utopie". Darin werden feministische Ökonomie und Ausbeutung in chinesischen Fabriken ebenso abgehandelt wie das Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens, Sexismus in der Arbeitswelt oder die Frage nach bezahlbarem Wohnraum in den Städten.(5)

 

Anmerkungen:

(1) Zit. nach: Michael Maier: Die Plünderung der Welt. Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen, München 2014, S. 12

(2) http://www.boersenblatt.net/373296/template/bb_tpl_branchenzahlen/

(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Schulden:_Die_ersten_5000_Jahre

(4) http://www.handelsblatt.com/panorama/kultur-literatur/wirtschaftsbuchpreis/

(5) http://www.mandelbaum.de/books/806/page/1/

Das nächste große Ding? In Wirtschaftsbüchern ist dies nicht mehr nur eine neue Management- oder Motivationstheorie, sondern die globale Verflechtung von Krise und Kapital, von Staatsüberschuldung und Wirkung auf den Einzelnen. Wirtschaftsliteratur wird immer politischer.

AutorIn: 
Alexander Kluy

Literacy bedeutet die Fähigkeit, zu lesen und Informationen zu verarbeiten. Die Förderung von Literacy ist eine der Hauptinitiativen der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA). Daher arbeitete die IFLA gemeinsam mit der International Publishers Association (IPA), dem International Authors Forum (IAF) und der Reading and Writing Foundation (RWF) ein Statement zu Literacy und Lesen aus, das am 8. September, dem „International Literacy Day“, veröffentlicht wurde.

 

Mit Nachhaltigen Entwicklungszielen zur Literacy

Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen bereiten derzeit auf nationaler Ebene Pläne vor, um die Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals oder SDGs) umzusetzen. Das Nachhaltige Entwicklungsziel Nummer 4 fordert eine integrative und gleichberechtigte qualitätsvolle Bildung und die Förderung des lebenslangen Lernens. Das Unterziel 4.6 setzt den Fokus auf Literacy bei Erwachsenen und Jugendlichen. IFLA, IPA, IAF und RWF rufen die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen auf, schlüssige und mit ausreichenden finanziellen Mitteln versehene nationale Literacy-Strategien zu verabschieden.



Literacy wird immer wichtiger

2011 wurde die Zahl der AnalphabetInnen unter den Erwachsenen auf 773,5 Millionen geschätzt, unter den Jugendlichen auf 123,2 Millionen. Jeweils über 60 Prozent davon sind Frauen und Mädchen. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Auswirkungen sind erheblich und in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zu spüren. Mit Lese- und Schreibfähigkeiten ist hingegen der Erwerb weiterer Fähigkeiten möglich. In dem Maße, in dem die Digitalisierung und Vernetzung der Welt wächst, wird Literacy noch wichtiger.



Literacy kann von klein auf, etwa durch tägliches Vorlesen, gefördert werden. Alle schulischen Einrichtungen sind immens wichtig für den Erwerb von Literacy. Der Zugang zu einer Bibliothek ist ein weiterer bedeutender Erfolgsfaktor. In allen Ländern der Welt existiert eine öffentliche Bibliothekslandschaft: insgesamt 320.000 öffentliche Bibliotheken, davon 230.000 in Entwicklungsländern.

 

IFLA, RWF, IAF and IPA verpflichten sich, das Erreichen des oben beschriebenen Unterziels 4.6 zu unterstützen, und werden eine Strategie entwickeln, um sicherzustellen, dass Bibliotheken und Verlage zur Entwicklung von nationalen Planungen zur nachhaltigen Entwicklung beitragen und darin involviert sind. Bis spätestens 2030 soll der Wandel vollzogen sein.

Zum "International Literacy Day" am 8. September 2015 publizierte die IFLA, der Weltverband der Bibliotheken, gemeinsam mit Partnerorganisationen ein Statement zum Thema Literacy. Darin werden die UNO-Mitgliedsstaaten aufgerufen, das Netzwerk der Bibliotheken und Verlage zu nutzen, um die Förderung der Literacy im Zuge der Nachhaltigen Entwicklungsziele umzusetzen. 

Beschreibung: 

BibliotheksnutzerInnen wie auch BibliothekarInnen haben verschiedene Mediengewohnheiten und -interessen, sprechen mehrere Sprachen, leben in unterschiedlichen Familienkonstellationen, wachsen mit verschiedenen Traditionen, Religionen oder Wertvorstellungen auf, sehen verschieden aus und gehen unterschiedlichen Berufen nach. So verschieden sie auch sind, allen gemeinsam ist, dass sie die Bibliothek als Ort für Bildung und Kommunikation nutzen.

 

Im Leitbild der öffentlichen Bibliotheken heißt es: „Öffentliche Bibliotheken bieten für alle BürgerInnen ungeachtet ihres sozialen, materiellen, religiösen, gesundheitlichen und ethnischen Status freien Zugang zu Informationen.“ Wie wäre es, dieser Vielfalt nicht nur im Innenraum, sondern auch im Außenraum eine Präsenz zu geben?

 

Eine Möglichkeit, dieses Anliegen umzusetzen, ist die Erstellung einer attraktiven Serie von Fotoporträts der BibliotheksnutzerInnen ebenso wie der BibliothekarInnen und deren Platzierung im öffentlichen Raum. Dies kann im „Schaufenster“ der Bibliothek oder in den um die Bibliothek liegenden Geschäften, Bildungsinstitutionen (Schulen, Bildungshäuser), Altersheimen, Amtshäusern etc. erfolgen. Eine weitere Möglichkeit wäre, diese Bilder in der Stadt bzw. im Dorf an einem zentralen Platz an eine Wand zu beamen.

 

Bei der Darstellung der Vielfalt soll nicht das Thema der ethnischen, kulturellen oder konfessionellen Herkunft im Vordergrund stehen, denn unsere Gesellschaft ist nicht nur durch Migrationsbewegungen heterogener geworden. Im Zuge der Globalisierung, der Individualisierung und des Wertewandels hat die Vielfalt an Lebensformen deutlich zugenommen – sowohl im städtischen als auch im ländlichen Bereich. Es geht auch darum, Geschlechterrollen differenziert darzustellen, z. B. ein Mädchen mit einem Sachbuch über Züge oder ein Vater mit seinem Kind. Ebenso geht es darum, die Mehrsprachigkeit der Gesellschaft, die aktiv vom Europarat auch eingefordert wird, darzustellen – alle Sprachen haben dabei den gleichen Wert!

 

Durchführung:

In der Bibliothek wird ein attraktiver Ort ausgesucht, an dem die Fotos gemacht werden. Bei den Bildern soll ein gleicher Hintergrund gegeben sein, entweder ein Ausschnitt aus der Bibliothek oder ein weißer, schwarzer oder farbiger Hintergrund. Um die Bildausschnitte möglichst einheitlich zu gestalten, ist es wichtig, auf den Abstand der Kamera wie auf ähnliche Lichtverhältnisse zu achten. Der porträtierten Person wird eine Karte z. B. mit dem Satz: „Ich lese. Und du?“ in verschiedenen Sprachen und mit dem Logo der Bibliothek in die Hand gegeben. Eine andere Variante ist ein Porträt mit dem Lieblingsmedium der Person oder einem ganz persönlichen Satz der Person: „Bibliothek ist für mich ...“ und diesen in den verschiedenen praktizierten Sprachen der Person. Falls Wortkarten verwendet werden, sollte auf die Lesbarkeit geachtet werden. Auf den Bildern können sowohl Einzelpersonen als auch Paare oder Gruppen präsentiert sein. Die Aktion bietet nicht nur die Möglichkeit, Vorurteile abzubauen und Vielfalt als Normalität und Bereicherung für die Gesellschaft nach außen abzubilden, sondern eventuell auch einen Anreiz, die Bibliothek zu betreten und Schwellenängste zu überwinden.

Bibliothek: 
BAOAB
Beitrag von: 
Hildegard Hefel
Material und Rahmenbedingungen: 

Eventuell ein leerer Bilderrahmen, den sich die Porträtierten vorhalten können.

Vorbereitung: 

Es ist wichtig, sich bereits im Vorfeld zu überlegen, welche NutzerInnen man für das Projekt ansprechen möchte. Hier ist eine gezielte Auswahl an Personen wichtig: Welche Gruppe könnte durch welche Person vertreten werden? Wie komme ich zu einer einigermaßen ausgewogenen Wahl bezüglich Geschlecht, Alter, sozialer und kultureller Herkunft etc.?

Anschließend wird im Idealfall ein Fotoshooting mit einem Profi in der Bibliothek organisiert. Absolut notwendig ist eine schriftliche Einverständniserklärung der Porträtierten, in dem der Name der Person, die Adresse, die Telefonnummer und eine Beschreibung des Projekts angegeben werden. Bei Minderjährigen ist das Einverständnis der Erziehungsberechtigten erforderlich.

Idee nach: 

Zuerst veröffentlicht in "Interkulturelle Bibliotheksarbeit. 20 Ideen für Veranstaltungen", hrsg. vom Büchereiverband Österreichs 2015

Beschreibung: 

An verschiedenen Möbelstücken oder anderen Raumelementen werden Schilder mit den Bezeichnungen der jeweiligen Stücke in unterschiedlichsten Sprachen (auch in anderen Schriften als der lateinischen) angebracht.


Bei dieser Aktion handelt es sich um eine einfach umzusetzende Dekorationsidee,

  • die verschiedene Sprachen und Schriften im Raum präsent macht,
  • die für sprachliche Vielfalt sensibilisiert und die NutzerInnen dazu anregt, sich auf spielerische Art und Weise mit Sprachen auseinanderzusetzen,
  • die neugierig macht, Fragen aufwirft und eventuell auch irritiert,
  • die ganz intuitiv den Mehrwert von Sprachenkenntnissen erfahrbar macht,
  • die deutlich macht, dass wir keineswegs in einer sprachlich homogenen Umgebung leben,
  • die den Weg für Kooperationen mit spracheninteressierten und -kundigen Personen oder Einrichtungen,
  • die in Kontakt mit den verschiedenen „Communities“ stehen, eröffnet und
  • die darüber hinaus auch die Möglichkeit für unterschiedliche Anschlussaktivitäten bietet.

 

Die mehrsprachigen Wörter an den Gegenständen oder Möbelstücken werden in der Regel zwanglos während des Büchereibesuches entdeckt. Bei Besuchen von Schulklassen bieten sich im Rahmen der Ausstellung aber auch Suchspiele an, in deren Verlauf die Kinder oder Jugendlichen die Begriffe entdecken.

Bibliothek: 
Büchereien Wien
Beitrag von: 
Beate Wegerer
Material und Rahmenbedingungen: 
  • Papier
  • Farbdrucker
  • Laminiergerät
  • bunte Schnur
  • Tixo oder Filmolux
Vorbereitung: 

In einem ersten Schritt werden Möbelstücke oder Raumelemente ausgewählt, die sich dafür eignen, dass ein kleines Schild auf ihnen angebracht wird. Die Bezeichnungen der gewählten Gegenstände werden in möglichst viele verschiedene Sprachen übersetzt. Die Aktion bietet damit eine gute Gelegenheit, Vereine aus der Umgebung, mehrsprachige VorleserInnen oder interessierte Privatpersonen für die Übersetzungen miteinzubeziehen oder überhaupt eine „Mitmachaktion“ für alle BüchereibesucherInnen daraus zu machen. Auch andere Schriften sollten berücksichtigt werden.


Im Anschluss werden aus den übersetzten Begriffen Schilder hergestellt (Größe ca. 10 x 21 cm). Auf der Vorderseite steht in sehr großer Schrift die nicht deutschsprachige Bezeichnung (eventuell etwas kleiner darunter die Transkription in lateinischer Schrift und Hinweise zur Aussprache) sowie das Büchereilogo. Auf der Rückseite der Schilder wird klein und dezent die deutsche Übersetzung angebracht und die Sprache genannt. So ist klar ersichtlich, dass der fremdsprachige Begriff auf der Vorderseite im Fokus steht. Ein kurzer Hinweis zum Projekt sowie weiterführende Informationen können die Materialien ergänzen. Alle Schilder werden laminiert, in einer Ecke gelocht und mit einer Schnur zum Aufhängen versehen. Außerdem wird eine Liste mit allen Begriffen in den jeweils verwendeten Sprachen, ihrer Übersetzung auf Deutsch sowie einem Hinweis auf die Sprache, um die es sich handelt, erstellt. Die Liste wird an prominenten Plätzen in der Bücherei aufgelegt oder gut sichtbar aufgeklebt und kann z. B. auch im Rahmen von Gruppenbesuchen für ein Suchspiel verwendet werden.

Anmerkungen: 

Zusammen mit der Wortspenden-Mitmachaktion, bei der die LeserInnen dazu aufgefordert wurden, Sprichwörter oder Aussprüche, die in ihren Familien oft fallen, in der jeweiligen Muttersprache und in Deutsch einzusenden, hat die Hauptbücherei der Büchereien Wien diese Deko-Aktion im Rahmen des Welttags der Muttersprache am 21. Februar 2014 als Themen-Ausstellung gestaltet. Im Kinderbereich der Hauptbücherei sind die Schilder dauerhaft angebracht. Selbstverständlich gibt es auch einen Button mit dem Begriff „BibliothekarIn“ in vielen verschiedenen Sprachen, den die KollegInnen an der Infotheke gerne einmal anstecken.

Idee nach: 

Zuerst veröffentlicht in: Interkulturelle Bibliotheksarbeit. 20 Ideen für Veranstaltungen", hrsg. vom Büchereiverband Österreichs 2015

Beschreibung: 

Eine „Living Library“ zielt auf verstärkte mündliche Kommunikation zwischen Personen- oder Bevölkerungsgruppen ab, die aus unterschiedlichen Gründen wenig Kontakt zueinander haben, und fördert so Toleranz und wechselseitiges Verständnis. „Entlehnt“ werden nicht herkömmliche Medien, vielmehr stehen Menschen für eine kurze Zeit für Gespräche bereit, um Informationen über ihre Herkunft, ihr kulturelles und soziales Umfeld, ihre Lebensumstände zu liefern. Idealerweise baut eine „Living Library“ Vorurteile ab, bekämpft soziale Ausgrenzung und hinterfragt stereotype Meinungen und Haltungen – von beiden Seiten!

 

Ablauf:

Eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn treffen die „lebenden Bücher“ in der Bibliothek ein. Es werden Stationen und Nischen in der Bibliothek aufgebaut und eingerichtet, die nach Möglichkeit weit genug voneinander entfernt sind, sodass die Gespräche einander gegenseitig nicht stören (pro Station maximal sechs Stühle, ein bequemer Stuhl für das „lebende Buch“). Nach dem Eintreffen der Gäste findet eine allgemeine Begrüßung im Kreis der „lebenden Bücher“ statt, anschließend beziehen diese ihre Plätze und sind ab sofort für Gespräche „entlehnbar“.

 

Es empfiehlt sich der Ratschlag an die BesucherInnen, nicht allzu lang bei einem „lebenden Buch“ zu verweilen, sondern mehrere Stationen aufzusuchen. Im Allgemeinen wird ein Gast nicht mehr als drei bis vier, maximal fünf Stationen pro Veranstaltung aufsuchen, also nicht alle Bücher „entlehnen“. Zu Beginn sollte ein Hinweis auf die maximale Dauer der Veranstaltung gegeben werden, in der Folge ist es sinnvoll, nach etwa einer Stunde durchzusagen, dass noch eine halbe Stunde Zeit bleibt, um weitere Stationen aufzusuchen und Gespräche zu führen.

 

Die Anwesenheit von zumindest zwei Betreuungspersonen ist notwendig, um einen einigermaßen ausgewogenen Besuch bei den einzelnen Stationen zu steuern und gegebenenfalls auch bei sprachlichen Schwierigkeiten auszuhelfen.

 

Je nach Ausrichtung der Veranstaltung kann die „Living Library“ unter ein spezielles Motto gestellt werden, also etwa das Thema "Flüchtlinge" aufgreifen oder die Arbeitssituation für Menschen mit Migrationshintergrund oder auch die Asylpolitik in den Vordergrund stellen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass die „lebenden Bücher“ umso auskunftsscheuer sind, je heikler die vorgegebenen Themen und das dazugehörige Umfeld sind (etwa bei laufenden Asylverfahren).

Bibliothek: 
Stadt:Bibliothek Salzburg
Beitrag von: 
Peter Baier-Kreiner
Anzahl der TeilnehmerInnen: 
Max. 10 bis 12 „lebende Bücher“ und pro Station nicht mehr als 6 BesucherInnen
Zeitdauer: 
Ca. 90 Minuten
Material und Rahmenbedingungen: 

Eventuell kann man einen „Katalog“ über die „lebenden Bücher“, die im Rahmen der Veranstaltung ausgeliehen werden können, vorbereiten: Dieser enthält kurze Lebensläufe der Beteiligten (Herkunft, familiäre Umstände, beruflicher Werdegang, Interessen, Sorgen, Wünsche …) mit Foto. Die Lebensläufe (maximal ein A4-Blatt pro Person) werden in einer Mappe gesammelt und einige Male vervielfältigt. Der „Katalog“ dient als Erstinformation und Entscheidungshilfe, welche(s) der zur Verfügung stehenden „lebenden Bücher“ die/der BesucherIn entlehnen möchte. Es empfiehlt sich, das jeweilige Blatt, vergrößert auf A3, zusätzlich an der betreffenden Station sichtbar zu platzieren, wo das „lebende Buch“ zur Verfügung steht.

Vorbereitung: 

Vorab muss eine klare Entscheidung getroffen werden, welche Personengruppen im Bestfall zusammengeführt werden sollen: Das kann sich aus der Bevölkerungsstruktur eines Ortes bzw. einer Gemeinde ergeben, aber auch über kleinräumige „Problemzonen“ definiert werden (Ortsteile oder Viertel, in denen viele Menschen mit Migrationshintergrund leben oder nachbarschaftliche Defizite offenliegen; Wohnsiedlungen, in denen es zwischen den Generationen – meist Erwachsene und Jugendliche – Schwierigkeiten gibt).


Im Anschluss erfolgt die Kontaktaufnahme mit den möglichen „lebenden Büchern“ und die Klärung der Frage, ob sie sich für eine derartige Veranstaltung zur Verfügung stellen würden. Eventuell kann man ein geringes „Anerkennungshonorar“ in Aussicht stellen (z. B. 30 Euro pro Person).

 

Zumindest ein gemeinsames Treffen mit allen InteressentInnen im Vorfeld erscheint sinnvoll, um die Stoßrichtung der Veranstaltung zu skizzieren und den Ablauf festzulegen. Die „lebenden Bücher“ geben nur das preis, wozu sie von sich aus bereit sind, und sie haben natürlich das Recht, auf allzu persönliche Fragen keine Auskunft zu geben.

Anmerkungen: 

Der Begriff „Living Library“ tauchte erstmals Mitte der Neunzigerjahre auf und geht auf die Idee einer dänischen Jugendinitiative zurück. Seither wurde das Format in vielen Ländern und Bereichen adaptiert und kann auch unter diesem Namen problemlos verwendet werden. Eine Initiative aus Österreich mit Sitz und Haupttätigkeitsfeld in Wien firmiert als Verein „Living Books“, bietet seine Veranstaltungen z. B. der Hauptbücherei Wien regelmäßig an, hat sich den Namen allerdings schützen lassen, sodass von einer Variante unter dem Titel „Living Books“ dringend abzuraten ist.

Idee nach: 

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