Markus Köhle bloggt: Was für ein Literaturpreisjahr!

Markus Köhle hält im September eine durchaus zufriedene Rückschau auf das Literaturpreisjahr 2015 und nimmt die GewinnerInnen und deren Werke unter die Lupe.

Schön, jetzt ist sie da: die Shortlist. Und auf der Frankfurter Buchmesse wird er dann vergeben: der Deutsche Buchpreis 2015. Wer genauer wissen will, wie das dort dann abläuft, möge "Nachkommen" von Marlene Streeruwitz lesen. Österreicherinnen und Österreicher sind ja immer recht gut vertreten auf den diversen Longlists. Diesmal zwar alle schon raus, aber ein österreichischer Verlag ist noch im Rennen und zwar der sympathische Droschl Verlag mit dem neuen Roman von Monique Schwitter "Eins im Andern". Ein Buch über die Liebe und über eine Autorin, die ein Buch schreibt. Hoch gelobt und auszugsweise bereits gehört beim diesjährigen Bachmann-Preis (ja, ich weiß, dass der offiziell nicht mehr Bachmann-Preis heißt).

 

Dort traten dieses Jahr ja eine Vielzahl preiswürdiger Autorinnen an (die Autoren waren zu vernachlässigen) und es gewann – sehr zu meiner Freude – Nora Gomringer (hätte Teresa Präauer gewonnen, wäre ich überrascht von der Jury, aber nicht minder beglückt gewesen) und Monique Schwitter hätte auch einen der Preise verdient, vielleicht wird’s ja jetzt nachträglich der DBP (die Abkürzung ist nicht geläufig, vermutlich, weil dabei alle eher an die Deutsche Bahn dächten).

 

Dann wären so gut wie alle großen Literaturpreise 2015 an AutorInnen gegangen, die ich auf unterschiedliche Art und Weise verehre und mitunter schon seit Jahren verfolge (verfolgen, nicht im Sinne des neuen Setz-Romans, der immerhin auf der Longlist stand und mich wohl noch ein paar Tage beschäftigen wird).

 

  • Büchner-Preis: Rainald Goetz

"Irre" sein Romandebüt und sein Stirnschnittauftritt beim Bachmann-Preis in den 1980er Jahren. Nicht minder manisch "Abfall für alle": ein singuläres Gegenwartsprotokoll; radikal seine Essays in "Hirn"; herrlich luftig "loslabern" (für alle, die einen köstlichen Buchmessenroman lesen wollen); "Johann Holtrop" gänzlich anders – behäbiger aber auch gewichtiger. Die Auftritte des zeitungsfressenden Springinkerls sind ohnehin immer gleichermaßen überraschend wie unterhaltsam.

 

  • Bachmann-Preis: Nora Gomringer

Die Lyrikerin, Spoken Word Performerin und Pionierin der Poetry Slam Szene Deutschlands ist natürlich auch eine Auftrittswucht. Dass sie jetzt auch Prosa macht, ist ein Glück und freut mich auch insofern, als eine ihrer (noch) raren Prosaarbeiten, in der ein Mops eine zentrale Rolle spielt, in der von mir mitherausgegebenen Anthologie "Heiraten schön trinken" (Milena 2013) zu lesen ist.

 

  • Kleist-Preis: Monika Rinck

Eine außerordentliche Lyrikerin. Noch immer bestens in Erinnerung: "Honigprotokolle" und in dauernder Bewunderung, immer wieder konsultiert: www.begriffsstudio.de. Für mich ein Grund, die Kategorie "Wort der Woche" auf meiner Homepage www.autohr.at einzurichten.

 

  • Preis der Leipziger Buchmesse: Jan Wagner

Noch ein Lyriker! Jan Wagner war der erste, der sich als Lyriker bei den zwei großen Buchmessepreisen in Deutschland behaupten konnte. Gomringer, Rinck, Wagner: damit sind für mich alle Strömungen der zeitgenössisch relevanten/interessanten Poesie vertreten. Seine "Regentonnenvariationen" tun niemandem weh, sind unspektakulär aber souverän, ja, sind einfach nur zeitlos schön. Schön am Anfang – schön am Schluss.

 

So muss Literatur!

Meint Markus Köhle

Gastblogger/in

Markus Köhle (c) Konflozius
Markus Köhle (c) Konflozius

Markus Köhle wurde 1975 in Nassereith in Tirol geboren. Er studierte in Innsbruck und Rom Germanistik und Romanistik und war Forschungsprojektassistent an der Universität Innsbruck. Seit 2001 ist er literarisch, literaturkritisch, literaturwissenschaftlich und auch als Literaturveranstalter, u.a. von Poetry Slams, aktiv. Er macht Lesungen, Vorträge und Workshops in Schulen, Universitäten und diversen Kulturveranstaltungsorten im In- und Ausland. 2015 erschien "Kuhu – Löwels – Mangoldhamster. Die vier Jahreszeiten der Wolpertinger" bei Sonderzahl. www.autohr.at

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