Bereits zum 7. Mal findet auf Initiative des echo medienhaus das Wiener Kinderlesefest im Rathaus statt und beschenkt junge LeserInnen mit kostenlosen Büchern.

 

40.000 Büchern aus 30 Verlagen stehen rund 10.000 jungen Leserinnen und Lesern kostenlos zur Verfügung. Jedes Kind bekommt drei Gutscheine und ein Kipferl von Ströck als Stärkung und kann sich die Bücher ganz nach seinem Geschmack frei aussuchen. Zwischen 12:00 und 18:00 darf sich das Publikum außerdem auf Autorenlesungen, einen Malwettbewerb sowie auf Gewinnspiele und Goodies freuen.

 

Das Jugendteam

Wir sind derzeit 10 Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 17 Jahren und bilden das Jugendteam der öffentlichen Bibliothek „Walserbibliothek Raggal“ (Vorarlberg/Österreich). Die Hauptaufgabe unseres Jugendteams besteht in der eigenverantwortlichen Organisation, Koordination und Gestaltung der speziell für Jugendliche eingeführten Jugendöffnungszeiten jeden Freitag von 17.00 bis 18.30 Uhr. Zudem gestalten wir selbst kleine Veranstaltungen für Jugendliche, werden an der Entscheidungsfindung, der Planung und Durchführung von Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche aktiv beteiligt und führen von Zeit zu Zeit Projekte durch (Das aktuellste Projekt „Plastiktaschen RAUS – Stofftaschen REIN“ wurde mit dem Energy Globe Austria 2018 in der Kategorie Jugend ausgezeichnet). Wir unterstützen das Bibliotheksteam bei seiner Arbeit und helfen aus, wenn es Engpässe bei der Abdeckung der Öffnungszeiten oder durch Ausfälle von Mitarbeiterinnen gibt. Betreut werden wir von der Bibliotheksleiterin, die vor allem die Koordination und Informationsweitergabe zwischen dem Jugend- und dem Bibliotheksteam (Teamsitzung) übernimmt. Zur Eigenständigkeit des Jugendteams gehört auch ein eigenes Budget für Medieneinkäufe und Veranstaltungen und vollkommene Entscheidungsfreiheit.

Die Anforderungen, die an uns junge Bibliothekarinnen gestellt werden, sind Selbständigkeit in der Durchführung der gesamten Bibliotheksarbeit sowie spontane und kreative Eigeninitiative in der Gestaltung der Jugendöffnungszeiten und bei Veranstaltungen für Jugendliche. Wir arbeiten gerne im Jugendteam der Walserbibliothek, weil uns die Bibliotheksarbeit Spaß macht, weil wir mitbestimmen und gestalten dürfen, weil wir viel gemeinsam erleben, weil es da so viele spannende Medien gibt, weil die Bibliothek ein Treffpunkt ist …

 

Das Team der Erwachsenen

Klaudia Büchel ist seit 2002 als ehrenamtliche Bibliotheksleiterin in der Walserbibliothek Raggal tätig und gründete im Jahre 2004 ein Jugendteam, welches seither fester Bestandteil der Bibliothek ist. Sie ist überzeugt, dass eine derart gestaltete Partizipation Jugendlicher die Integration einer „Jugendbibliothek“ vor allem in kleineren Bibliotheken mit begrenzten Räumlichkeiten ermöglicht. So wird die Bibliothek zum Freizeitort für Jugendliche und es kann auf die besonderen Bedürfnisse und aktuellen Anforderungen Jugendlicher gezielt eingegangen werden.

 

Die Jugendbibliotheksarbeit dient als Freizeitgestaltung und wirkt sich insofern positiv aus, dass das Medienangebot verstärkt in Anspruch genommen wird und die Jugendteammitglieder ihre Familien und Freunde mit Medien versorgen. Der selbstbestimmte Ankauf von Medien durch die Jugendlichen selbst, unter Berücksichtigung der Buchwünsche Jugendlicher, animiert verstärkt auch andere Jugendliche zum Lesen. Zudem fördert die gemeinsame Bibliotheksarbeit die Medien- und Sozialkompetenz und ermöglicht das Kennenlernen und Mitgestalten von Organisationsprozessen. Die Bibliotheksarbeit durch Jugendliche macht die Bibliothek zum Freizeitort und wirkt sich positiv auf das Nutzungsverhalten, die Nutzungsfrequenz und die Lesemotivation Jugendlicher aus.

 

Die ehrenamtliche Bibliotheksarbeit im Jugendteam stärkt zudem das Selbstvertrauen der Jugendlichen im Umgang mit verschiedensten Medien, in der Ausführung der selbständigen Bibliotheksarbeit sowie im Auftreten gegenüber anderen. Das Zugehörigkeitsgefühl hat vor allem bei jüngeren Teammitgliedern und da besonders bei Kindern aus eher bildungsfernen Familien eine besondere Bedeutung. Die gemeinschaftliche Bibliotheksarbeit erfordert Teamfähigkeit sowie Verlässlichkeit und fördert die Sozial-, Medien- und Informationskompetenz der Jugendlichen. Die Eigeninitiative zu sozialem Engagement wir gefördert und hält auch über das Jugendteam hinaus an, was sich in der Vorbildfunktion und Verantwortungsübernahme ehemaliger Jugendteammitglieder für das Jugendteam zeigt, die von sich aus neue Jugendteammitglieder einschulen und beratend zur Seite stehen. Die Bibliothek als Freizeitort sowie die Betreuung in den Jugendöffnungszeiten durch das Jugendteam fördert die Kommunikation unter Jugendlichen und hat Auswirkungen auf die Sozialkompetenz anderer Jugendlicher, die freiwillig in der Bibliothek oder bei Veranstaltungen mithelfen und sich bei Projekten sozial engagieren. Die ehrenamtliche Arbeit in der Bibliothek fördert die Sozial-, Medien- und Informationskompetenz sowie die Kommunikation unter Jugendlichen und wirkt sich positiv auf das soziale Engagement aus.

 

Aus Sicht der Bibliotheksleiterin ergeben sich durch ein integriertes Jugendteam für die Bibliothek vielfältige Möglichkeiten und Chancen. Jugendliche wecken Interesse an der Bibliothek und an der Bibliotheksarbeit und sind Informationsträger in der Öffentlichkeit. Frühe und positive Bibliothekserfahrungen entwickeln ein Bewusstsein für die Bibliothek, welches bis ins Jugendalter und darüber hinaus anhält und fördern so die langfristige Bindung als Nutzer. Jugendliche wissen am besten, wie sich Jugendliche ihre Bibliothek vorstellen und was sie sich wünschen, weshalb die Bibliothek passende Nutzungsmöglichkeiten und interessante Angebote für Jugendliche anbieten kann. Die Bibliotheksarbeit durch Jugendliche hinterlässt ein positives Bibliotheksimage bei Familien und Jugendlichen. Jugendliche als Potential für die Bibliotheksarbeit zu erkennen, bedeutet nicht nur Entlastung und Unterstützung des Bibliotheksteams, sondern auch, dass vor allem die ehrenamtliche Bibliotheksarbeit durch ausreichenden Nachwuchs gesichert werden kann. Wichtig dabei ist die Abgabe von Verantwortung an Jugendliche. Die selbständige Bibliotheksarbeit eines Jugendteams ist eine Möglichkeit, Lesen und Bibliothek als Selbstverständlichkeit im Leben von Kindern und Jugendlichen zu integrieren und so Einfluss auf die Lesemotivation durch positive Bibliothekserfahrungen zu nehmen. Ein Jugendteam soll die Bibliothek als Treffpunkt, als Lernort, als Gestaltungs- und Erfahrungsraum für Jugendliche weiter etablieren. Ein leichter, unkomplizierter Medienzugang für alle und die Betreuung durch das Jugendteam als Vorbilder für Kinder und Jugendliche sollen das Lesen fördern und Bücher und Literaturvermittlungsangebote speziell für die Zielgruppe Jugendliche attraktiver machen.

 

Weitere Informationen

 

Verena Burtscher ist Bibliothekarin in der Walserbibliothek Raggal.

Juni 2018

Jugendteams in Bibliotheken sind eine schöne Möglichkeit, Jugendlichen eine Partizipationsmöglichkeit in der Bibliothek zu bieten und sie so für die Bibliothek zu begeistern. Die Walserbibliothek Raggal schildert, wie sich das Konzept erfolgreich umsetzen lässt.

AutorIn: 
Verena Burtscher

Erstmals hat der Büchereiverband Österreichs im Rahmen des Internationalen Bibliothekskongresses 2018 Preise für innovative Projekte in öffentlichen Bibliotheken vergeben. Der mit 3.000 Euro dotierte Hauptpreis ging an die Bibliothek Frastanz mit dem Projekt „Vom Kommen und Gehen“.

 

Von 12. bis 15. Juni 2018 findet in Berlin der Deutsche Bibliothekartag unter dem Titel „offen & vernetzt“ statt.

 

Veranstaltet wird der Bibliothekartag vom Berufsverband Information Bibliothek e.V. (BIB) sowie dem Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB). Er ist die zentrale Fortbildungsveranstaltung für Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Informationseinrichtungen und viele andere Informationsspezialisten.

 

Die kostenlose Leseapp „Lesestart zum Lesenlernen“ bietet interaktiven Lesespaß für Kinder. Sie ist ein weiteres Angebot des Lesestart-Programms der Stiftung Lesen.

 

1) Comics sind ein Türöffner in die Lesewelt

„Comics are a gateway drug to literacy.” – Art Spiegelman (Pulitzer-Preisträger, Autor von „Maus“)

Für Kinder mit Leseschwäche sind Comics der vielleicht beste Einstieg in die Welt der Literatur. Manche Kinder empfinden das Lesen von längeren Prosatexten als schwierig und mühselig. Bei ihnen stellt sich beim Schriftlesen kein befriedigender Lesefluss ein, kein inneres Bild – der berühmte „Film im Kopf“. Diesen Lesenden bieten Comics eine ausgezeichnete Leseplattform, denn die Bilder des Comics unterstützen sie bei der Lektüre und fungieren als visueller Anker für ihr Leseerlebnis. Sowohl die Anzahl als auch die Länge von Texten sind in Kindercomics überschaubar. Sie sind sogar optisch in ihren eigenen Sprechblasen und Textkästen abgegrenzt, was Kinder mit Leseschwäche zusätzlich motiviert, denn hier wird ein niederschwelliger Einstieg geboten. Man kann beim Comiclesen einfach einmal die Bilder sprechen lassen und visuell den Aufbau einer Geschichte nachverfolgen. So können auch schwache SchriftleserInnen anspruchsvolle Geschichten ohne Frustrationserlebnisse und auf einem Niveau lesen, dessen sie in reiner Schriftform noch nicht mächtig wären.

 

Gute Kindercomics sind meist intelligente und witzige Kurzgeschichten, die sich leicht und flüssig lesen lassen. Die Kinder können relativ schnell und auch einmal zwischendurch eine abgeschlossene Geschichte lesen. Man kann Comics auch seitenweise, also in kleinen Happen lesen, wieder weglegen und sich die Lektüre in Leseportionen einteilen. Diese Überschaubarkeit erlaubt einen weiteren niederschwelligen Zugang für schwache SchriftleserInnen. Comics bieten ihren Lesenden ein in sich geschlossenes Erzählsystem, in dem komplexe Erzählelemente sehr klar kommuniziert werden. Dass die gesprochene Sprache in den Sprechblasen steht, dass die Erzählstimme in Textkästen abgegrenzt ist, ist für viele Kinder intuitiv leicht erkennbar. Auch Kinder mit Leseschwäche können sich mit ansprechenden Kindercomics in relativ kurzer Zeit durch eine ganze Geschichte lesen und in einen befriedigenden Lesefluss kommen. Und wir wollen motivierte junge Leserinnen und Leser!

 

Das verwendete Vokabular in Kindercomics ist meist fortgeschritten, pfiffig und dabei auch kurz und bündig. So lernen Kinder, wie man verbal treffend und prägnant kommuniziert. Die Texte in einem gelungenen Comic müssen präzise wie auch hinreichend evokativ sein, damit sich der Comic letztlich auch ansprechend liest. Gute Comics sind eine Verbindung von Grafik-Design und Poesie: Jedes Wort muss innerhalb der Bildkomposition auch sitzen. Die Bilder des Comics veranschaulichen weiters die verwendeten Wörter und erklären bzw. definieren sie somit auf visueller Ebene. Zudem liefern sie Kontextinformationen und unterstützen dadurch auch das Lernen der Bedeutung neuer Wörter. So lernt man über mehrere Kanäle – nämlich verbal und visuell – die Bedeutung von unbekannten Begriffen – ein Umstand, der insbesondere beim Erlernen einer Fremdsprache von Vorteil ist.

 

Comicbilder vermitteln oft emotionale Gefühlszustände und Stimmungslagen durch die gezeichnete Mimik und Körperhaltung, wodurch Kinder die bildlich gezeigten Gesichtsausdrücke mit den sie beschreibenden Worten verbinden können. Beim Comiclesen deuten die Kinder weiters die dargestellten Gesichtsausdrücke selbst und lernen so, sich in eine Figur hineinzuversetzen. Comics schulen somit das empathische Einfühlungsvermögen, da man sich beim Comiclesen, so lange man möchte, auf ein einzelnes, unbewegtes Bild allein konzentrieren kann (im Gegensatz zum Film, der die Bilder in einer vorgegebenen Geschwindigkeit und mit Klang kombiniert ablaufen lässt).

 

2) Das Genussprinzip

Man kann niemand nachhaltig dazu zwingen, die Welt des Lesens zu betreten. Dafür ist die Leseentwicklung eine zu komplexe Angelegenheit. Zu einer Leserin/einem Leser wird man nur freiwillig. Einige Kinder lesen von sich aus gerne Comics. Kleinen ComicleserInnen kann auf ihrem Weg zur Bildung eigentlich nichts mehr passieren, denn in Wahrheit sind sie schon ein gutes Stück dieses Weges entlang gegangen – die Comics werden ihnen nach und nach die weite Welt des Lesens eröffnen. Eine potenzielle Gefahrenquelle lauert jedoch auf dem Bildungsweg junger ComicliebhaberInnen: Vermeintlich wohlmeinende Erwachsene, die den Umstand, dass die Kinder eben gerne Comics lesen, abwerten. Werturteile wichtiger Bezugspersonen beeinflussen Kinder – insbesondere, wenn es um so eine intime und komplexe Angelegenheit wie die der Leseentwicklung geht. Dann lassen die beschämten Kinder das mit dem Lesen aber vielleicht ganz bleiben.

 

Das Vorurteil, dass Comiclektüre die Kinder für das Lesen von Prosa „verbilde“, ist unterschwellig immer noch latent vorhanden – es konnte aber noch nie bestätigt werden. Die Erfahrung zeigt vielmehr, dass begeisterte junge Comiclesende später keinerlei Schwierigkeiten mit längeren und komplexen Schrifttexten haben. Dazu genügt es, den Blick nach Frankreich zu richten, wo Comics fester Bestandteil der Alltagskultur sind und – in breiter Auswahl in den meisten Haushalten – auch von vielen Erwachsenen gelesen werden. Ich denke nicht, dass die große Comicliebe der französischen Bevölkerung der Qualität des literarischen Outputs des Landes geschadet hat. Eltern und Lehrende sollten den Kindern also unbedingt die Freude an der Comiclektüre lassen, sie, wenn möglich, aktiv begleiten und für eine spannende Auswahl sorgen.

 

3) Visuelle Bildung

Gute Comics werden durchaus mehrmals gelesen. Zuerst lesen die Kinder die Geschichten meist recht flott, um die Handlung aufzusaugen. Beim zweiten oder dritten Mal wird der Comic aufmerksamer und langsamer erkundet – eine Art Gourmetlesen. Dabei können die Kinder vermehrt Einzelheiten und visuelle Erzähltricks bemerken und sich so auch der Autorenschaft einer Erzählung bewusst werden. Die Kinder lernen so auf ganz natürliche Weise Detailbewusstsein und kritisches Denken.

 

Bilder sagen angeblich mehr als tausend Worte. Ein gutes Bild kann die Art und Weise, wie wir über die Welt denken, nachhaltig beeinflussen. Eine talentierte Comicerzählerin/ein talentierter Comicerzähler kann aus einem Bild mehrere komplexe Ideen destillieren, die von ihren LeserInnen dann individuell interpretiert werden. Mittels der unbewegten Bilder eines Comics ist es möglich, bereits mit den Jüngsten Bildanalyse zu betreiben. Man kann die Kinder auf die Vieldeutigkeit von Bildern aufmerksam machen und ihnen die visuellen Manipulationsmöglichkeiten zeigen, mit denen alle Bildmedien – Comics, Film und Fotografie – arbeiten. Ein gutes Instrument also, um bereits sehr früh ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wir durch visuelle Informationen beeinflusst werden. Durch Computer, Smartphone, Printmedien und Außenwerbung werden wir täglich mit hunderten Bildern konfrontiert. Die Fähigkeit, visuellen Informationen gegenüber auf kritische Distanz gehen zu können, ist Grundstein für eine visuelle Bildung, die in unserer Welt zunehmend wichtiger wird.

 

4) Kognitive Komplexität

„There´s nothing in the medium that prevents it from being sophisticated.“ – Francoise Mouly (Redakteurin des New Yorker, Herausgeberin von Toon Books und „Raw“)

Comics setzen, was das Lesealter betrifft, meist dort an, wo das klassische Bilderbuch aufhört. In Comics wird das Prinzip Bildgeschichte jedoch auf ein wesentlich komplexeres Niveau gehoben: ComicleserInnen navigieren selbstständig durch die vielen Bilder auf einer Comicseite und stellen sinnstiftend die Verbindungen zwischen den Einzelbildern her. Ein interaktives Medium, bei dem die einzelnen Bilder unbeweglich auf der Seite bleiben und die LeserInnen selbst erst das Handlungsgeschehen zwischen den Bildern konstruieren müssen, in dem sie sich durch die Architektur einer Seitenkomposition bewegen. Und genau diese mentale Aktivität – die Induktionsleistung, das Schlussfolgern und das Herstellen von Verbindungen – ist etwas, das Kinder permanent machen: kleine PhilosophInnen, die konstant versuchen, die Welt um sie herum zu verstehen. Bei der Comiclektüre ist genau diese Eigenschaft gefragt. Die Einzelbilder eines Comics sind letztlich nur die gewählten Ausschnitte, die uns die AutorInnen zeigen – gleichsam Fenster, durch die wir in die Handlung hineinsehen können. Die eigentliche Handlung selbst findet dann erst in unseren Köpfen statt.



Wer Comics flüssig lesen kann, kann ja bereits Texte lesen. Eine Comicleserin/ein Comicleser kann darüber hinaus aber auch Texte in Kombination mit Bildfolgen lesen – eine besondere Lesefähigkeit, die im deutschen Sprachraum im Erwachsenenalter nur von einer Minderheit beherrscht wird. VielleserInnen, die mit Genuss mehrere anspruchsvolle Romane im Monat lesen, sind deswegen noch nicht notwendigerweise auch flüssige LeserInnen anspruchsvoller Erwachsenencomics. Denn Comiclesen ist ein spezifisches Können, eine eigene Kulturtechnik, die vermittelt, erlernt und geübt werden will. Und erst wer diese Fähigkeit beherrscht, kann dann auch in den Lesegenuss moderner Graphic Novel-Klassiker wie Joann Sfars „Die Katze des Rabbiners“, Hugo Pratts „Corto Maltese“ oder Ulli Lusts „Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“ kommen. Comiclesen sollte demnach nicht nur als sinnvolle Unterstützung zum Erlernen des Schriftlesens im Kindesalter betrachtet werden. Comics lesen zu können ist eine eigenständige Kompetenz, die in der Leseförderung hinreichender Selbstzweck ist.

„Wenn ich mich entspannen will, lese ich Engels. Steht mir der Sinn nach Ernsthaftem, lese ich ‚Corto Maltese‘.“ Umberto Eco

 

Links

Dieser Text verwendet Auszüge aus Interviews mit Francoise Mouly (http://www.toon-books.com/) und Artikeln von der Leseförderungseinrichtung Eventilator (http://www.eventilator.de/comic-und-lesefoerderung.html) und Stiftung Lesen (https://www.stiftunglesen.de/service/publikationen-und-materialien/material-jugend/1379/). Mit Dank an Jörg Vogeltanz für seine Korrekturen.

 

Sebastian Broskwa ist Gründer des Comicvertriebs Pictopia in Wien.

Mai 2018

Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Kindercomics sind ein wunderbares Mittel, um die Lesefähigkeit von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu fördern. Renommierte Institutionen zur Leseförderung arbeiten bereits seit längerem aktiv mit Comics und empfehlen explizit ihre Verwendung.

AutorIn: 
Sebastian Broskwa

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