Bücher für die Allerkleinsten

Lesefrühförderung ist die Basis für ein Leben als Leser oder Leserin. Wer von Anfang an Bücher für sich entdeckt, wird auch später Freude am Lesen und Lernen haben. Eine wichtige Rolle spielen die Familie und das soziale Umfeld: Vor allem die Eltern sind die ausschlaggebenden Lesevorbilder für ihre Kinder.

AutorIn: 
Elisabeth Zehetmayer


„Im Rahmen des Lernens in der Familie sowie des lebenslangen Lernens ist der uneingeschränkte Zugang zu Öffentlichen Bibliotheken für Kinder unter drei Jahren ein grundlegendes Menschenrecht und ein Bestandteil, um die Entwicklung des Zahlenverständnisses und der Lese- und Schreibfähigkeit im späteren Leben zu fördern.“ (IFLA: Richtlinie für Bibliotheksdienstleistungen für Babys und Kleinkinder)

 

Was versteht man unter Lesefrühförderung?

Der komplexe Begriff „Literacy“ umfasst nicht nur die Lese- und Schreibkompetenz, sondern auch das Text- und Sinnverständnis, die sprachliche Abstraktionsfähigkeit, die Lesefreude, die Vertrautheit mit Büchern und der Schriftsprache sowie die Fähigkeit, sich schriftlich auszudrücken. Erfahrungen, die zum Erwerb dieser Kompetenzen führen, können Kinder bereits von Geburt an im Rahmen ihrer Familie sammeln. Denn lange bevor Kinder lesen und schreiben lernen, machen sie Erfahrungen mit den unterschiedlichen Facetten der Lese-, Erzähl- und Schriftkultur. Hier setzt die literale Förderung im Frühbereich, die Lesefrühförderung, ein.

 

Lesefrühförderung bedeutet, Kinder zu unterstützen, das Medium Buch mit allen Sinnen zu begreifen. Sie bildet die Basis für ein Leben, in dem die Lust am Lesen eine große Rolle spielt.

 

Warum ist Lesefrühförderung so wichtig?

Leseförderung beginnt im Babyalter. Entsprechende Fördermaßnahmen sollten rund um den ersten Geburtstag eines Kindes starten, denn Kinder, die von Anfang an mit Büchern aufwachsen, sind im Vorteil. Sie erfahren zeitig, wie viel Spaß in Bildern und Büchern steckt und werden ein Leben lang Freude am Lesen und Lernen haben.

 

Die Ergebnisse der PISA-Studien seit 2003 haben den Ruf nach früher Sprach- und Leseförderung verstärkt. Frühkindliche Förderung trägt dazu bei, die Chancengleichheit der Kinder hinsichtlich ihres Schulerfolgs zu erhöhen und Leseschwächen vorzubeugen. Frühe, vielfältige Erfahrungen mit Erzähl- und Schriftkultur sind wichtige Voraussetzungen für das spätere Lesenlernen. Lesefrühförderung ist eine große Hilfe beim Spracherwerb und für die Gesprächskultur innerhalb der Familie. Entsprechend wichtig ist der Familienkontext für die Herausbildung einer lebenslangen Bindung ans Lesen. Bilderbücher und deren Betrachtung gehören zu den wirksamsten Formen der Sprachförderung. Das gemeinsame Betrachten von Bilderbüchern bringt Kindern und Eltern eine ganz besondere Erfahrung von Nähe, Geborgenheit und Lesevergnügen. Kinder, die von ihren Eltern vorgelesen bekommen und frühen Umgang mit Büchern haben, zeigen im PISA-Test höhere Lesefähigkeiten als Kinder, in deren Familien nicht gelesen wurde. Die positive Wirkung des Vorlesens auf das spätere Lesevermögen ist quer durch alle sozialen Gruppen zu beobachten. Im Rahmen von Vorlesesituationen und unterschiedlichsten Formen der mündlichen Kommunikation mit den Eltern kann ein Kind spielerisch den Übergang von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit meistern, es wird behutsam auf die schulische Alphabetisierung vorbereitet, seine Lesefreude wird geweckt.

 

Wer spielt eine Rolle bei der Lesefrühförderung?

Der Erwerb der Lesefähigkeit vollzieht sich stets in einem gesellschaftlichen Rahmen. Ob Kinder zu LeserInnen werden, hängt von sozialen Einflüssen und Bedingungen ab. Familie, Schule, Bibliothek etc. haben hier eine wichtige Vermittlerfunktion. Sie sorgen dafür, dass das Kind in die Schriftkultur hineinwächst. Der Grundstein einer erfolgreichen Lesekarriere wird in der Familie gelegt. Eine entsprechende familiäre Begleitung und Unterstützung während des Lesesozialisationsprozesses ist für Kinder unerlässlich. Kinder, die in der Familie schon von Geburt an vielfältige Lese- und Schreibkompetenz-Erfahrungen machen können, haben es später beim Lesen- und Schreibenlernen leichter. In den ersten Lebensjahren sind die Eltern die wichtigsten ExpertInnen für die Entwicklung ihrer Kinder, daher spielt die Stärkung der Eltern bei ihren Erziehungs- und Bildungsaufgaben eine wichtige Rolle für eine gelungene frühkindliche Leseförderung.

 

Wie kann am besten zum Lesen motiviert werden?

Laut Medienpädagogin Nicole Kalteis erhöhen folgende Faktoren die Lesemotivation der Kleinsten:

  • Das elterliche Lesevorbild ist ausschlaggebend – Kinder lesen, wenn die Eltern lesen.
  • Das Vorlesen sollte in den Familienalltag eingebunden sein.
  • Kinder und Eltern sollten zum Lesen verführt werden.
  • Ein gutes allgemeines Familienklima ebnet den Weg für ein gutes Leseklima.
  • Ganz entscheidend ist die Präsenz von Büchern, sie sollten als Gebrauchsgegenstand des Alltags und als etwas Nützliches erlebt werden.
  • Ein möglichst großes und abwechslungsreiches Angebot an Lesestoffen sollte vorhanden sein. Erlaubt ist, was Lesefreude weckt!
  • Da Lesen als Teil einer umfassenden Medienkompetenz gefördert werden soll, ist natürlich auch der Einsatz aller anderen Medien willkommen.

 

Weiterführende Literatur

  • Marie Luise Rau: Literacy. Vom ersten Bilderbuch zum Erzählen, Lesen und Schreiben. Haupt Verlag 2009.
  • Andrea Bertschi-Kaufmann: Das Lesen anregen, fördern, begleiten. Friedrich Verlag 2010.
  • Sylvia Näger: Literacy. Kinder entdecken Buch-, Erzähl- und Schriftkultur. Herder Verlag 2013.

 

 

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