Sprechen wir über Literatur!

Lesekreise oder Schreibwerkstätten machen Bibliotheken zu Orten des Austausches: Hier werden Bücher nicht nur gelesen, sondern es wird über sie auch geschrieben und diskutiert.

AutorIn: 
Silke Rabus


Bücher tragen die ganze Welt in sich. In ihnen tummeln sich Pottwale und Drachen, Landvermesser und Prinzessinnen, Don Quijote und Fausts Gretchen. Ob erdacht oder nahe an der Wirklichkeit geschrieben: Literatur greift auf ein nahezu unerschöpfliches Reservoir an Figuren, Schicksalen, Emotionen und Handlungsräumen zu. Jedes Genre eröffnet neue Blickwinkel, jeder Stil prägt das literarische Erleben. Und obwohl das Lesen eine eher einsame Angelegenheit ist, bieten Bücher doch die Möglichkeit, gemeinsam in ihnen zu schmökern, über sie zu diskutieren und sie weiterzuempfehlen.

 

Literaturkreise beleben

In Öffentlichen Bibliotheken gibt es unzählige Lesekreise, die genau dieses gemeinschaftliche Erleben von Literatur ermöglichen. In regelmäßigen Abständen ­– jeden Monat, alle sechs Wochen, einmal im Quartal – treffen sich LeserInnen, um über Bücher und deren AutorInnen zu reden. Wie erzählt man eine Geschichte? Welche Figuren tragen die Handlung? Wie wird Spannung generiert? Und wie drücken sich die SchriftstellerInnen sprachlich aus? In den moderierten Treffen werden Bücher gemeinsam gelesen und besprochen – oder einzelne Titel vorgestellt. Wann, wie oft und für wen die Termine stattfinden, ist Vereinbarungssache. Ebenso, welche Bücher diskutiert werden: Lesen die TeilnehmerInnen lieber belletristische Neuerscheinungen oder Klassiker, greifen sie zu Krimis, fremdsprachigen Titeln oder Graphic Novels? Wichtig ist nur eines: die Liebe zur Literatur und zu Büchern.

 

Essen, schauen, hören

Jeder Literaturkreis lebt aber auch von Ideen, die die Routine aufbrechen. Das kann zum Beispiel der gemeinsame Besuch einer Autorenlesung, einer Theateraufführung, eines Poetry Slams oder einer Literaturverfilmung sein. Manchmal empfiehlt sich auch die Lektüre mehrerer Titel zu einem Thema, wenn es etwa um eine Epoche, einen Schwerpunkt oder ein Genre geht. Und auch Ohren und Geschmackssinn lesen bekanntlich mit: Wieso also nicht einmal ein Hörbuch vorspielen anstatt ein Buch zu lesen? Oder ein passendes Essen vorbereiten? Arabische Literatur ist möglicherweise noch köstlicher, wenn dazu orientalische Mezze, also kleine Vorspeisen, serviert werden. Die Palette ist jedenfalls bunt und reicht von ausgefallenen Dekorationsideen bis hin zu Online-Literaturkreisen.

 

Mit Büchern reisen

Bücher mit regionalen Bezügen laden außerdem zu Literaturwanderungen ein. Auf Adalbert Stifters Spuren durch das Salzkammergut zu reisen oder mit Heimito von Doderers Figuren über die Wiener Strudelhofstiege zu wandeln, kann durchaus reizvoll sein. Öffentliche Bibliotheken liefern gute Tipps – oder gehen sogar gemeinsam mit ihren LeserInnen auf Reisen. Ideen hierfür gibt es genug: Zahlreiche Anbieter bieten Literaturreisen in ganz Europa an und Literaturhotels laden ebenfalls zum belesenen Aufenthalt ein. Immer noch finden aber die schönsten Reisen im Kopf statt – und dafür reichen schon ein gemütlicher Sessel und ein spannendes Buch. 

 

Literatur schreiben

Oder es genügt ein Stift in der Hand. Denn wer sagt eigentlich, dass Bücher nur gelesen oder besprochen werden? Genauso gut bieten sie anregende Schreibanlässe für die Arbeit in Schreibwerkstätten. Hier kann, moderiert von einer Bibliothekarin, einem Literaturwissenschaftler oder einer Autorin, Literatur einfach fortgeschrieben werden. Gedichte inspirieren zu lyrischen Texten, Songs liefern Ideen für eigene Lieder. Wer liest, lernt den Klang von Wörtern und Sätzen lieben. Und wer schreibt, entdeckt sein kreatives Potenzial.

 

Das gemeinsame Schreiben kann dabei beflügeln. Mit anderen Menschen im permanenten Austausch SMS-Kurzgeschichten zu schreiben oder an Co-Writing-Projekten teilzunehmen, macht in der Regel viel Spaß. Wenn mehrere AutorInnen zusammen an einer Geschichte schreiben, ergeben sich erwartungsgemäß viele überraschende Wendungen. Literatur zeigt hier schon in ihrem Entstehungsprozess eine ungeheure Vielfalt. Durch Veranstaltungen wie Schreibwerkstätten machen Bibliotheken diese sichtbar.

 

 

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