Wie viele Menschen mit Büchern arbeiten, wie viele Titel jede Saison erscheinen, wie vielgestaltig das Medium ist, all das zeigte sich beeindruckend in den letzten Tagen in Frankfurt. Auf der 70. Frankfurter Buchmesse präsentierten rund 7.500 Aussteller ihre Bücher und Produkte, darunter 70 Prozent internationale Teilnehmer aus insgesamt 110 Ländern.

 

Einbrüche am Buchmarkt

Diskutiert wurden jedoch auch wenig erfreuliche Zahlen. Die Anfang Juni veröffentlichte Studie des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, laut der die Zahl der BuchkäuferInnen in den letzten fünf Jahren um mehr als sechs Millionen zurückgegangen ist, war in aller Munde: Käufer- und Leserschwund, Konkurrenz durch andere Unterhaltungsmedien, das Leitmedium Buch in Gefahr. Manche Verlage verzichteten auf einen Messeauftritt oder auf die obligatorische Messeparty, von Umsatzeinbrüchen war die Rede.

Wie mit diesen Entwicklungen umzugehen sei, war Gegenstand vieler Diskussionen. Weniger publizieren, um der Marktüberflutung entgegenzutreten, transmediale Wege gehen, um an der Bildschirmzeit mitzuschneiden, von Erfolgsmodellen wie Netflix lernen und im direkten und virtuellen sozialen Kontakt LeserInnen binden waren einige Varianten, die auf den Podien angesprochen wurde.

 

Neues auf der Messe

Wer durch die vollen Hallen und die unzähligen Stände entlang streifte oder sich im Hof unter strahlendem Sonnenschein in die Menschenschlangen vor den Imbissbuden einreihte, hätte an diesen Bildern nicht vermutet, da die Branche schwächelt.

 

Neu auf der Messe waren unter anderem ein Programm zum afrikanischen Buchmarkt, das südostasiatische ASEAN Forum, die Bildungsplattform Frankfurt EDU und ein internationales Kinderbuchzentrum für Business und Networking. Auch Buchfernes wurde präsentiert und man konnte virtuelle Erlebnisse sammeln, Salami kosten oder Gin erwerben.

 

Das Gastland Georgien präsentierte sich in brüchiger Schönheit zwischen Vergangenheitsbewältigung und Aufbruch. Bemerkenswert: Eine rein weibliche Delegation des Landes, in dem Frauen lange Unterdrückung und Gewalt erlebt hatten, hatte den Gastlandauftritt kreiert. Im neuen Frankfurt Pavilion im Hof fanden Lesungen mit prominenten AutorInnen statt, mit „Bookfest“ fanden Literaturveranstaltungen auch den Weg in Kulturstätten in ganz Frankfurt.

 

Hatte es im Vorjahr Unruhen rund um rechte Verlage gegeben, so waren diese 2018 in einem abgelegenen Bereich positioniert, erkennbar an den davor positionierten Sicherheitskräften. „I‘m on the same page“, las man hingegen auf Plakaten und Ansteckern, womit die Parallele des 70. Jubiläums der Buchmesse und der der Erklärung der Menschenrechte angesprochen war.

 

Preisregen in Frankfurt

Viele Preise wurden im Rahmen der Buchmesse vergeben. Am Vorabend ging der Deutsche Buchpreis an Inger-Maria Dahlke für den Roman „Archipel“ (Rowohlt).

 

Der Deutsche Jugendliteraturpreis wurde am Freitag vergeben. Ausgezeichnet wurden das Bilderbuch „Der siebente Bruder oder Das Herz im Marmeladenglas“ von Øyvind Torseter, das Kinderbuch „Viele Grüße, Deine Giraffe“ von Megumi Iwasa und Jörg Mühle, das Jugendbuch „Als ich mit Hitler Schnapskirchen aß“ von Manja Präkels sowie das Sachbuch „Der Dominoeffekt oder Die unsichtbaren Fäden der Natur“ von Gianumberto Accinelli und Serena Viola. Die Jugendjury wählte als Preisbuch „The Hate U Give“ von Angie Thomas.

 

Der Preis der Hotlist, der die besten Bücher aus unabhängigen Verlagen geehrt, ging am selben Abend an den Elfenbein Verlag für das Reisebuch „Manapouri“ von Marcel Schwob.

 

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wurde am Sonntag an das Forscherpaar Aleida und Jan Assmann verliehen, die ihre Arbeit der Erinnerungskultur und dem Umgang mit der Geschichte widmen.

 

Literatur ist wichtig

„Literatur does matter“ – „Literatur ist wichtig“, sagte die renommierte nigerianische Autorin Chimamanda Ngozi Adichie in ihrer Rede bei der Eröffnungspressekonferenz. Auch wenn die Meinungen auf der Messe zwischen „Die Menschen lesen nicht mehr“ und „Natürlich wird weiter gelesen“ pendelten, war man sich darin wohl am ehesten einig.

 

Und die Laune ließ man sich auch nicht verderben. Anstatt zuhause zu bleiben, weil einige Verlage ihre traditionellen Messepartys ausfallen lassen hatten, feierte man gemeinsam mit improvisierten Kreidetafeln-Verlagsständen und selbst angekarrten Bierkisten im Literaturhaus. Und nicht nur in Momenten wie diesen wurde deutlich, dass die Buchwelt keine Branche wie jede andere ist: Hier steckt Liebe, Leidenschaft und Überzeugung drin.