Elisabeth Etz bloggt: Warum schreiben Sie für Erwachsene?

Elisabeth Etz fragt ihre KollegInnen von der sogenannten „Erwachsenenliteratur“ warum sie denn für Erwachsene schreiben.

 

Warum schreiben Sie für Erwachsene?

 

Ob das irgendjemand von meinen Kolleg_innen in der Erwachsenenliteratur schon einmal gefragt wurde, würde ich gern wissen. Und was die dann so antworten.

 

Warum schreiben Sie eigentlich für Erwachsene?

Also, wie sind Sie darauf gekommen, ausgerechnet für diese Zielgruppe zu schreiben?

 

Wer für Kinder schreibt, bekommt das sehr oft zu hören:

Warum schreiben Sie für Kinder?

Und gleich darauf: Werden Sie auch einmal ein Erwachsenenbuch schreiben?

 

Wobei die meisten noch irgendwie verstehen, warum man das macht: für Kinder schreiben.

An die eigene Kindheit erinnert man sich dann oft doch ganz gerne und an das Gefühl, das die Lieblingsgeschichte, das Lieblingsbuch in einem ausgelöst hat.

 

Wer Kinderbücher schreibt, muss sich nur dagegen wappnen, dass manche Leute im Bekanntenkreis das hauptsächlich süß finden. (Das ist nicht süß, das ist Literatur!)

Und sich auch an den allseits beliebten Satz „Kinderbücher finde ich toll, irgendwann schreib ich auch eines“ gewöhnen. (read as: Kann nämlich jede und jeder, ist ja nur für Kinder.)

 

Davon kann man dann regelmäßig genervt sein, oder es mit einem milden Lächeln quittieren und das Gesprächsthema wechseln.

Doch verstanden wird es, warum man das macht: für Kinder schreiben.

 

Aber … für Jugendliche?

 

Warum schreiben Sie für Jugendliche? Warum schreiben Sie nicht gleich etwas Richtiges?

 

So als wären Jugendliche eigentlich nur halbfertige Erwachsene. Und Jugendbücher demnach nicht ganz vollständige Erwachsenenbücher.

Süß findet es jedenfalls niemand mehr. Jugendliche sind schließlich nicht süß. Jugendliche sind für die wenigsten Menschen per se angenehme Zeitgenossen. Jugendliche sind anstrengend – für andere, aber hauptsächlich für sich selbst.

 

Genau das macht es so spannend, für sie zu schreiben. Weil in der Jugend alles noch viel dramatischer ist: Die erste Liebe. Der erste Abschied. Das erste Mal Sich-Auflehnen. Die erste Euphorie. Die erste Verzweiflung. Das erste Mal wirklich Ich sagen. Und viele viele erste Pläne.

Weil noch viel mehr offen ist, viel mehr denkbar. Viel mehr Lebensentwürfe noch möglich, weil die Sicht noch nicht so sehr durch eingefahrene Vorstellungen beschränkt ist. Und selbst nach einem Happy End wird’s vielleicht noch traurig, oder umgekehrt. Dann, wenn wir Lesenden nicht mehr eingeladen sind.

 

Zugegeben, Jugendliche sind nicht die einfachste Zielgruppe. Sie lesen – angeblich – nicht mehr und noch nicht wieder. Sie gehen nicht zu Lesungen.

Kinder gehen auch nicht, aber die werden noch von wohlmeinenden Erwachsenen, von Eltern, Kindergärtnern oder Lehrerinnen mitgeschleppt.

Jugendliche lassen sich nicht mehr schleppen. Jugendliche boykottieren, was ihnen nicht gefällt.

 

Ist ein anspruchsvolles Publikum nicht das, was wir uns wünschen sollten?

 

Außerdem: Können Jugendbücher nur von Jugendlichen gelesen werden?

 

Aber als Erwachsene_r, was soll ich denn mit einem Jugendbuch?

 

Kinderbücher kann man wenigstens vorlesen. Doch was soll man mit einem Jugendbuch machen? Dem pubertierenden Enkelkind, das eh nicht liest, unter den Weihnachtsbaum legen?

 

Du meinst … selber lesen? Ach, naja, danke für die Empfehlung, aber ich denk nicht.

 

An die eigene Jugend wollen wir uns – im Gegensatz zur Kindheit – nämlich nicht alle immer so gerne erinnern.

 

Ist aber gut, wirklich! Ich ertappe mich dabei, wie ich selbst aber sage und obwohl. Dafür werde ich bei der nächsten Lesung zur Strafe von der Moderatorin gefragt, ob Jugendliche deshalb so wenig lesen, weil es zu wenig gute Jugendbücher gibt.

 

Werden Erwachsenenbuchautor_innen auch gefragt, ob Leute deshalb immer weniger lesen, weil es keine guten Erwachsenenbücher mehr gibt?

Heißen die überhaupt so: Erwachsenenbuchautor_innen?

Liebe Erwachsenenbuchundsoweiter, könnt ihr mir sagen, wie ihr euch selber nennt?

Und … warum schreibt ihr nochmal genau für die Zielgruppe Erwachsene?

Gastblogger/in

© privat
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Elisabeth Etz, geb. 1979 in Wien, verbrachte ihre Zeit u. a. in Berlin und Istanbul. Lebt mit ihrer Familie nun wieder in Wien und arbeitet für den Diakonie Flüchtlingsdienst. Für ihre Jugendbücher wurde sie bereits mit mehreren Preisen und Stipendien ausgezeichnet. „Nach vorn“ belegte als Kurzgeschichte den 3. Platz bei FM4-Wortlaut 2016. 2019 erschien ihr Jugendbuch „Morgen ist Woanders“ (Tyrolia Verlag).

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