Kreative Schreibwerkstatt

Lesen und schreiben gehören zusammen. Wer ein Buch liest, einen Text schreibt, der öffnet Türen, die in neue Welten führen. Was liegt näher, als kreatives Schreiben in der Bücherei anzubieten?

AutorIn: 
Gesine Hirtler-Rieger


Seit mittlerweile fünf Jahren entstehen in der Europabücherei Passau Gedichte, philosophische Essays und Storys. Die inspirierende Umgebung trägt sehr zum Gelingen der „Kreativen Schreibnächte“ bei, die ich als Leiterin der Passauer Schreibwerkstatt einmal monatlich abends dort anbiete. An diesen Schreibnächten kann jede/r Erwachsene teilnehmen, die Schwelle ist bewusst niedrig gesetzt. Sowohl SchreibanfängerInnen als auch Interessierte, die schon länger schreiben, können meine Impulse als Anregung nutzen.

 

Worüber schreiben?

Es gibt unzählige Themen, die sich eignen – und es gibt solche, die sich in den Räumen der Bücherei besonders gut verwirklichen lassen. Die Anleitung zum Gruppenkrimi schrieben wir im Krimizimmer: Alfred Hitchcock lächelte wohlwollend vom Plakat herunter, während die TeilnehmerInnen in den Hosentaschen kramten, je einen Gegenstand herauszogen und vor sich hinlegten: Indizien, die am Tatort des Verbrechens gefunden wurden – was sagen sie über die Personen aus, die dort waren? Oder wie wäre es mit: Tatort Bücherei?

Bei der Schreibnacht über die Dichterin Else Lasker-Schüler konnten wir uns Anregungen aus Büchern über Leben und Werk der Dichterin holen, die in den Regalen zahlreich vorhanden sind. Ausgewählte Gedichte wurden vorgelesen, alle Teilnehmenden notierten sich Worte, die besonders gefielen und benutzten diese als Ausgangspunkt für eigene Assoziationen, Lyrik oder Kurzgeschichten. Diese Methode kann auch bei anderen SchriftstellerInnen angewandt werden. Ganz nebenbei lernt man dabei einiges über deren Schreibweise kennen.

 

Nachts in der Bücherei

Zum fünfjährigen Jubiläum der Schreibnächte entwarfen die Mitschreibenden zauberhafte Geschichten zum Thema: „Nachts in der Bücherei!“ Was passiert, wenn die Türen geschlossen sind und die Mitarbeiter die Europabücherei verlassen haben? Da beginnen Bücher miteinander zu streiten, das Maskottchen der Bibliothek tanzt durch das Haus und die Geister der Vergangenheit werden wach. Die entstandenen Texte veröffentliche ich regelmäßig im Forum meiner Homepage, online unter: www.schreibwerkstatt-passau.de. Wer schreibt, erlebt sich selbst als schöpferisch und kann seinen Fantasien freien Lauf lassen. Die Freude am Experimentieren steht dabei im Vordergrund. Nach jeder Schreibeinheit besteht Gelegenheit, die entstandenen Texte vorzulesen und darüber zu sprechen. Ganz wichtig ist, dass jede/r vorlesen darf, aber niemand muss. Das Staunen darüber, was für einzigartige Texte dabei entstehen, ist immer wieder groß.

 

Schreiben für Kinder

Als Ferienprojekt habe ich heuer zusammen mit der Bibliothekarin Christiane Duschl das Angebot gemacht, zwei Nachmittage lang je drei Stunden eine Geschichte zu erfinden, aufzuschreiben und mit Bildern und Aufklebern verziert in einem Leporello so zu gestalten, dass die Kinder etwas Vorzeigbares mit nach Hause nehmen können. Die Resonanz war groß, die Kinder zwischen acht und zwölf Jahren waren mit Freude bei der Sache. Mein Part war es, mit Fantasieübungen den Schreibprozess zu entfachen. Das Thema lautete: „Der magische Schlüssel“. Am zweiten Nachmittag bastelten sie unter Anleitung von Christiane Duschl die Leporellos. Am Ende stellten die Kinder, die dies wollten, ihre Geschichten in einer öffentlichen Lesung den Eltern in der Bücherei vor.

 

Die Bücherei als Schreibort bietet viele Besonderheiten: Verschiedene Räume, die die Fantasie jeweils anders zum Klingen bringen, können als Treffpunkt verwendet werden. In den Schreibphasen können sich die TeilnehmerInnen an zahlreiche Tische im ganzen Haus zurückziehen und ungestört ihren Gedanken nachhängen. Kunstausstellungen, die immer wieder im Haus stattfinden, können ganz wunderbar als Schreibanlass dienen: Jedes Bild weckt unterschiedliche Assoziationen.

 

Nicht zuletzt ist die Vernetzung und Öffentlichkeitswirksamkeit nicht zu unterschätzen, die bei dieser Kooperation für das Lesen und Schreiben erzeugt wird.

 

 

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